
Schattenspringer
Heute ist Welt-Autismus-Tag. Ehrlicherweise hatte ich bisher keine grosse Ahnung von der Autismus-Spektrum-Störung. Ich dachte eher an die Klischees, wie beispielsweise ein Autist der nicht spricht und nicht angefasst werden möchte oder an den hochbegabten Autisten, den sogenannten Savant. Erst als ich im letzten Jahr im Podcast „Kafi am Freitag“ wiederholt von der Autismus-Spektrum-Störung hörte und dann in der Zeitschrift „Wir Eltern“ einen Bericht über einen autistischen Vater gelesen habe, habe ich mich gefragt, ob mein Bild einer autistischen Person wirklich der Realität entspricht.
Schnell habe ich herausgefunden, dass es nicht DEN Autismus gibt. Bei jedem Betroffenen äussert sich dieser anders. Aus diesem Grund ist die Bezeichnung auch Autismus-SPEKTRUM-Störung. Es ist ein Gendefekt mit einer vielfältigen Ausprägung.
Da ich denke, dass es viele Personen gibt, die ebenfalls nicht genau wissen was eine Autismus-Spektrum-Störung ist, möchte ich am heutigen Tag dazu beitragen, dass mehr darüber gesprochen wird und vielleicht auch die Berührungsängste abnehmen. Deshalb stelle ich euch heute die Graphic Novel „Schattenspringer. Wie es ist, anders zu sein.“ von Daniela Schreiter vor. Die Autorin beschreibt darin in humorvoller Art und Weise ihre Kinder- und Jugendjahre und regt zum Nachdenken an.
Bevor ich dieses Buch gelesen habe, habe ich mich auf www.autismus.ch etwas in die Thematik eingelesen. Direkt auf der Startseite hat mich folgende Aussage direkt angesprochen, weshalb ich euch dies weitergeben möchte:
„Obwohl soziale Interaktionen für Menschen mit Autismus schwierig sind und sie sich manchmal zurückziehen, heisst das nicht, dass sie keine Freunde möchten.“
Also lasst uns alle doch etwas empathischer miteinander umgehen und drücken anderen nicht einfach den Stempel „Komische Person“ auf. So könnten wir nicht nur das Leben von Autisten, sondern von allen Menschen etwas vereinfachen und verschönern.
Nun aber zur Rezension: Die Graphic Novel „Schattenspringer. Wie es ist, anders zu sein.“ von Daniela Schreiter ist 2014 im Panini Verlag erschienen. Das Buch umfasst 160 Seiten und wird für Kinder von 12 bis 15 Jahren empfohlen. Wobei dieses Buch meiner Meinung nach für alle Menschen ab etwa 12 Jahren geeignet ist.
Daniela Schreiter ist selber Autistin und beschreibt in ihrem Buch ihre Kinder- und Jugendjahre. Dabei betont sie mehrmals, dass sie mit der Graphic Novel nicht DEN Autismus, sondern IHREN Autismus beschreibt, da sich eine Autismus-Spektrum-Störung auf sehr vielseitige Art und Weise zeigen kann.
Bereits als die Autorin noch klein war, bemerkte sie, dass sie anders ist. Sie hatte motorisch mehr Mühe wie andere, Kleidung, bestimmte Geräusche oder auch die Wiese auf den nackten Füssen verursachten ihr starke Schmerzen, sie verstand das Verhalten von anderen Personen oft nicht, sie war lieber für sich alleine und sie fand keine Freunde.
Daniela Schreiter beschreibt Hürden im Alltag, in der Schule und im Umgang mit anderen Personen. Sie geht auf ihre eigene Entwicklung ein, so hat sie unterdessen beispielsweise Freunde gefunden. Aber für das Leben unter Nicht-Autisten benötigt sie bis heute sehr viel Energie.
In einer humorvollen Art und Weise beschreibt Daniela Schreiter all diese Höhen und Tiefen. Gefühle wie Angst, Unsicherheit, Überforderung, Wut, aber auch Freude kann sie mit dem einfach lesbaren Text und den jeweils passenden schwarz-weiss Comicbildern toll vermitteln. Der Leser leidet mit ihr von der frühen Kindheit bis in die heutige Zeit mit.
Toll finde ich auch, dass sich die Graphic Novel nicht nur mit den schwierigeren Punkten einer Autismus-Spektrum-Störung befasst, sondern dass auch die Stärken wie zum Beispiel Zuverlässigkeit, ausgeprägter Gerechtigkeitssinn, gutes Gedächtnis oder eine hohe Detailwahrnehmung betont werden.
Um zu verstehen was eine Autismus-Spektrum-Störung sein kann, hat mir folgende Schlüsselszene sehr geholfen: Daniela wollte lernen die Schuhbändel selber zu binden. Die Eltern haben es ihr immer und immer wieder gezeigt, aber sie konnte es nicht umsetzen. Irgendwann analysierte Daniela alleine einen gebunden Schuhbändel und so verstand sie wie die Schuhbändel zusammenhalten und sie konnte ihre Schuhbändel von nun an selber binden. Diese Beschreibung zeigt meiner Meinung nach sehr gut, was für eine andere Herangehensweise Daniela hat/braucht um etwas zu verstehen.
Die Autismus-Spektrum-Störung ist ein riesiges Thema. Aber ich denke, ich kann dank diesem Buch nun zumindest einen Teil davon besser verstehen. Deshalb empfehle ich dieses Buch allen die sich mehr mit dieser Thematik auseinandersetzen möchten.

